Sind West und Ost unvereinbar? - April 2005
Am Ende einer langen Suche nach der Begründung eines Krieges im Irak ging es dem amerikanischen Präsidenten George W. Bush um Grundsätzliches: Die Demokratisierung des Landes und darüber hinaus der – autokratischen – Systeme im Nahen und Mittleren Osten insgesamt. Dem Gewaltakt lag ein christlich begründeter missionarischer Eifer zugrunde. In zahllosen Reden betonte Bush die religiöse Dimension seiner Sendung (so etwa am 26. März 2003 auf McDill Air Force Base in Tampa, Florida: ”The liberty we prize is not American’s gift to the world; it is God’s gift to humanity”).
Nahezu zwei Jahre nach dem Sturz des irakischen Diktators im April 2003 haben im Irak zwar demokratische Prozesse begonnen; von einer stabilen Ordnung aber ist das Land noch weit entfernt. Beobachter des Nahen Ostens haben immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass sich die Mehrheit der Menschen in diesem islamisch geprägten Raum nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion einen Wandel gewünscht hätten, wie er sich in Ost- und Südosteuropa vollzogen hat. Aus Gründen, auf die hier nicht eingegangen werden kann, ist diese Entwicklung ausgeblieben. Jenseits aber konkreter Tagespolitik steht die Frage im Raum, ob islamisch geprägte Gesellschaften demokratische Staatsformen errichten können, deren geschichtliche, philosophische und religiös-kulturelle Grundlagen und Wirkfaktoren im durch Antike und Christentum geprägten Raum liegen. Das Dreieck von Mensch-Gesellschaft-Religion weist vor dem Hintergrund in den von Christentum und Islam geprägten Räumen Unterschiede auf. Darauf soll im folgenden vertiefend eingegangen werden.
Mit Blick auf die Intentionen des amerikanischen Präsidenten und die grundlegende Dimension der Frage nach der Demokratisierung des Nahen Ostens sei folgende provozierende Frage gestellt: Wann haben die USA den Nahen Osten verloren? Das heißt: Wann ist deutlich geworden, dass der amerikanische Präsident sein Ziel, im Irak eine westlichen Vorbildern entlehnte liberale Demokratie auf den Trümmern des despotischen Regimes Saddam Hussains aufzubauen, nicht erreichen würde? Die Antwort auf die Frage lautet: Als die ersten amerikanischen Kampfpanzer vor dem Erdölministerium in Bagdad auffuhren, um es zu schützen; und zeitgleich die ersten Plünderer das Nationalmuseum in Bagdad verließen. Natürlich wird jede Macht, die ein Interesse an der künftigen Gestaltung der irakischen Ölwirtschaft hat, sich der Akten des Erdölministeriums versichern müssen; deshalb der gepanzerte Schutz. Was dem amerikanischen Präsidenten nicht in den Sinn kam, war der Umstand, dass jeder, der die Zukunft einer Gesellschaft neu gestalten will, sich ebenfalls auf Dokumente wird stützen müssen; eben diejenigen Zeugen der Vergangenheit, die im „National-Museum“ ihren Platz haben. Sie sind die Wurzeln eines kollektiven Identitätsgefühls. Das Museum nicht in gleich Weise vor Plünderern zu schützen wie das Erdölministerium, lässt einen Mangel an Respekt vor der Persönlichkeit der Menschen in jener Gesellschaft erkennen, deren Geschick neu zu gestalten die auswärtige Supermacht ihren Willen bekundet hat. Ein Exzess an Selbstgerechtigkeit mit Blick auf die Vorstellung von einer „neuen Ordnung“ blendet die Geschichte der anderen aus. Was hier angedeutet werden soll ist, dass die neue Ordnung im Nahen Osten eine Synthese von universalen Werten – und dazu gehören Menschenrechte und Demokratie – zugleich aber von Respekt vor dem Eigenen sein muss. Eine Neuordnung wird nur gelingen, wenn sie sich von der Selbstwahrnehmung der Menschen selbst leiten lässt, die aus Geschichte, Tradition, Kultur und Religion abgeleitet wird.
Tatsächlich richtet sich eine der großen Fragen des 21. Jahrhunderts in weltpolitischer Dimension auf die Möglichkeiten und Fähigkeiten der Menschen unterschiedlicher Religions- und Kulturkreise, miteinander und nebeneinander zu leben. Daß dies nicht selbstverständlich sein würde, dafür gab es im abgelaufenen Jahrhundert einige Symptome: Die Prognose vom „Zusammenprall der Kulturen“ war ein besonders eindringlicher Versuch, die sich abzeichnende neue Bedeutung von Religion und Kultur im politischen Raum einzuschätzen.
In der Vergangenheit waren Religionen und Kulturen außerhalb Europas meist nur dann ein Thema, wenn sie mit dessen kolonialem bzw. imperialem Expansionsdrang in Berührung kamen. Das Zeitalter des Imperialismus wurde durch den Ost-West-Konflikt abgelöst; die – vielfach neuen - staatlichen Akteure ordneten sich nach politischen Interessen und ideologischer Orientierung einem der beiden Blöcke zu. Religiöse oder kulturelle Eigenheiten spielten bei der Entscheidung über den jeweiligen Standort allenfalls eine nachgeordnete Rolle. Das Ende des Ost-West-Konflikts hat die Grundlagen der internationalen Ordnung tiefgreifend verändert. Dabei sind zwei weltweite Trends festzustellen, die auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen: Auf der einen Seite die Suche nach dem Eigenen, d.h. eine Rückbesinnung auf Grundlagen und Inhalte der Tradition – mithin eine Suche nach Identität. Sie verbindet sich mit dem Bemühen, auch den Standort im internationalen System neu zu bestimmen. Auf der anderen Seite die dramatische Verdichtung der globalen Kommunikation und die Vernetzung der Wirtschafts- und Finanzströme, deren größte Potentiale im Westen, d.h. in den USA und Europa liegen. Unabweisbar geht von diesem Tatbestand ein Druck auf alle Kulturen aus, sich mit jenen politischen Werten auseinanderzusetzen, die ihren Ursprung im Westen haben und auf denen die politischen Ordnungen dort weitgehend beruhen. Die Globalisierung zwingt nicht-westliche Kulturen dazu, Anpassungsprozesse zu vollziehen.
Angesichts der Nachbarschaft und sich vervielfältigender Interaktion wird es notwendig, sich auf gemeinsame Wertvorstellungen als Grundlage der Beziehungen zu verständigen. Auf welche Weise wird es nicht-westlichen Kulturen gelingen, das unaufgebbar Eigene mit dem notwendigen Modernisierungsdruck in ein konstruktives Verhältnis zu bringen? Ist Kulturalisierung von durch den Westen geprägten Werten die Voraussetzung für deren globale Geltung? Der Westen seinerseits bedarf eines Umdenkens insofern, als wirkungsvolle politische und wirtschaftliche Interaktion in globaler Dimension Stabilität und die Anerkennung des Tatbestandes bedingt, daß Effizienz global vernetzter Wirtschaftspartner nur im Rahmen der Anerkennung von deren kulturellen Rahmenbedingungen menschlichen Handelns gegeben ist.
Die Neugestaltung der Beziehungen zwischen einem Europa, das sich immer nachdrücklicher ausprägt, und der islamisch geprägten Welt in seiner näheren und ferneren Nachbarschaft ist eine der großen politischen Aufgaben der Zukunft. Sie hat viele Facetten, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann. Hier sei lediglich festgestellt, daß der Islam bereits eine europäische Tatsache ist – er ist ganz einfach „da“: Zum einen als Teil des geographischen Europa – dies in dem Sinne, daß Albanien und Bosnien-Herzegowina, auf „europäischem Boden“ gelegen, nach dem Verfall der sozialistischen Ideologie wieder als mehrheitlich muslimisch in Erscheinung treten. Dabei bleibt die Frage nach der Zugehörigkeit der Türkei, deren Geschichte untrennbar mit den Muslimen in Albanien und Bosnien verbunden ist, und der am 17. Dezember 2004 zugesichert wurde, nunmehr Verhandlungen über die Aufnahme des Landes als Vollmitglied in der Europäischen Union aufzunehmen, noch unbeantwortet. Zum anderen werden Muslime in wachsender Zahl Bürger in europäischen Gesellschaften. Der Islam – vornehmlich eine Folge der Migration – ist zur zweitstärksten Religion nach den beiden christlichen Konfessionen geworden. (In Frankreich ist die Zahl der Muslime mehr als vierfach höher als diejenige der Protestanten.) Die Zahl der Muslime in der Europäischen Union ist in stetigem Wachsen begriffen.
Wohin also wird sich das Verhältnis des christlich geprägten Europa zu den Muslimen außerhalb wie innerhalb seiner selbst entwickeln? Kommt es zu dem prognostizierten „Zusammenstoß der Kulturen“? Sind die Grundlagen und das Grundverständnis von Mensch, Staat und Gesellschaft sowie Religion so fundamental voneinander verschieden, dass ein Ausgleich, d. h. ein nachbarschaftliches Zusammenleben und die Verständigung über politische und rechtlich-verfassungsmäßige Werte ausgeschlossen sind? Stehen christlich geprägte Werte den Ordnungsvorstellungen, die auf dem Wertesystem der islamischen Religion oder den „asiatischen Werten“ beruhen, unversöhnlich gegenüber? Bedeutet die immer wieder gehörte Berufung auf die Werte des „christlichen Abendlandes“ eine Ausgrenzung von Muslimen in europäischen Gesellschaften? Und wenn Unterschiede bestehen, wie können sie ausgeglichen werden?
Durch die neue enge Nachbarschaftlichkeit eines sich verstärkt auf das christliche Abendland berufenden Europa sowie den Demokratisierungsfuror des amerikanischen Präsidenten George W. Bush auf der einen und einer sich nachdrücklicher auf die eigenen Traditionen und Grundlagen beziehenden islamischen Welt auf der anderen Seite wird eine Wertediskussion angestoßen. Aber - so wird gelegentlich geargwöhnt – sind die Europäer, die die Religion nachhaltig aus dem politischen und gesellschaftlichen Raum herauszuhalten suchen, wirklich in der Lage, eine Wertediskussion mit Muslimen zu führen? Es sei, so wird selbstkritisch festgestellt, dieses Europa in der Diskussion um Werte im gesellschaftlichen Raum Muslimen nicht gewachsen, die sich Gesellschaft ohne religiös gegründete Werte nicht vorzustellen vermögen. Auch Muslime stellen ihrerseits fest, dass die westliche Welt ihre Werte verloren habe und damit für sie kein wirklicher Gesprächspartner sei. Tendenzen, sich aus einer derart entwerteten Welt zurückzuziehen und sich in eine eigene Parallelwelt zu begeben ja diese wertelose Gesellschaft zu bekämpfen (im Extrem und bei einzelnen), sind erkennbar.
Kann es eine gemeinsame Wertegrundlage geben, auf der der „Westen“ (im folgenden wird nur von und für Europa gesprochen) und die vom Islam geprägte Welt partnerschaftlich und respektvoll zusammenleben? Wo liegt die Brücke zwischen dem, was sich christlich-abendländisch und jenem, was sich islamisch versteht? Dass es in der Wertediskussion auch zu seltsamen Allianzen kommen kann, zeigt die Annäherung zwischen dem Vatikan und konservativen islamischen Kreisen. Beide Seiten sehen allein schon in dem gemeinsamen Bestreben, religiös geprägte Wertvorstellungen wieder ins gesellschaftliche Leben einzubringen, Berührungspunkte.
Dieser sehr weitreichende Anspruch der vergleichenden Gegenüberstellung bedarf der Konkretisierung, um relevant zu sein. Auszuschließen ist deshalb schon einmal in der Diskussion um „christliche“ bzw. „islamische“ Werte die im engeren Sinne theologische Dimension. Um sie soll es im folgenden nicht gehen. Der Schwerpunkt soll vielmehr auf politischen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen liegen, die aus der „christlichen“ bzw. „islamischen“ Prägung der Geschichte, der politischen Systeme sowie der gesellschaftlichen Ordnungen resultieren. Der Blick wird sich also vornehmlich auf jene Wertedimension richten, die angesichts einer zusammenrückenden Welt und des daraus resultierenden Zusammenlebens wichtig ist.
Ausgangspunkt ist das Bild vom Menschen sowie von dessen Stellung in der Gemeinschaft und im Staat. Daraus ergeben sich die Eigenheiten im Verständnis der Menschenrechte, der Demokratie sowie – damit zusammenhängend – der Dimension der Freiheit. Auf den Punkt gebracht werden die Betrachtungen schließlich mit dem Blick auf die Perspektiven des Zusammenlebens von Muslimen und Nichtmuslimen in europäischen Gesellschaften sowie auf die Dimension der globalen Beziehungen, d.h. den Dialog zwischen den Kulturen bzw. Zivilisationen.
Dabei kann ein essenzialistisches Grundmuster der Argumentation nicht vermieden werden. Bei allen Differenzierungen, die sich in der Geschichte der „islamischen Welt“ und des „christlichen Abendlandes“ vollzogen haben und bei den Konflikten, die sich innerhalb der vom Islam und Christentum geprägten Räume ereignet haben, haben sich Grundtatbestände und die jeweiligen Räume prägende elementare Faktoren und Problemstellungen herausgebildet, die den Menschen, seine Gesellschaft und die Religion betreffen. Sie haben den Geschichtsverlauf im vom Islam geprägten Raum und in Europa geprägt. Dies wird nicht zuletzt auch in dem Dilemma deutlich, dem jeder gegenübersteht, der die beiden Großräume vergleicht. Im christlichen Abendland haben sich nach langen Auseinandersetzungen der religiöse und der politische Raum getrennt. Geblieben ist „der Westen“ – gleichsam die säkularisierte Variante des christlichen Abendlandes. Diese Entwicklung hat sich auf islamischer Seite nicht vollzogen: Auch wenn de facto weite Bereiche der gesellschaftlichen und politischen Existenz der Muslime säkular verwaltet wurden und wenn auch insbesondere im 20. Jahrhundert nachhaltige Bemühungen um Säkularisierung unternommen worden sind, liegt das Wesentliche muslimischer Existenz in dem Aufeinanderbezogensein der Gemeinde und ihrer Rückbindung (religio) an die Transzendenz. Im Islam habe es keine Renaissance und keine Aufklärung gegeben, ist zwar eine ein wenig abgegriffene, aber in der Substanz gleichwohl zutreffende Feststellung. So kommt es zu einer Argumentation, in der einem religiösen Begriff, „der Islam“, ein geographischer, „der Westen“, gegenübergestellt wird. In unserem Zusammenhang wird „der Westen“ als moderne Erscheinungsform des „christlichen Abendlandes“ verstanden. Die religiös-christliche Dimension, die diesen „Westen“ prägt, ist auf diese Weise stets mitgemeint.
Gottes Geschöpf in Gesellschaft und Staat
Das Christentum und den Islam verbindet in hohem Maße die gemeinsame Grundauffassung von der Würde des Menschen. In beiden Religionen steht der Mensch im Mittelpunkt des Schöpfungsakts. Allerdings tun sich dabei bereits unterschiedliche Akzentsetzungen auf: Die christlich-jüdische Schöpfungsgeschichte betont die Gottähnlichkeit des Menschen. Damit geht die Aufforderung einher, sich die Erde „untertan“ zu machen.
Im Koran wird demgegenüber wiederholt die gleichsam physiologische Dimension herausgestellt. So etwa in Sure 3, 59: „Jesus ist (was seine Erschaffung angeht) vor Gott gleich wie Adam. Den schuf er aus Erde. Darauf sagte er zu ihm: „Sei!“, da war er.“
An anderer Stelle wird von der Zeugung des Menschen aus dem Samentropfen gesprochen.
Dieser bescheideneren Selbstauffassung des Menschen geht die Betonung des Menschen als „Stellvertreter“ (khalifa) einher: Dieser ist der Sachwalter Gottes auf Erden; damit ist er ipso facto auf Allah als den Gesetzgeber und „Souverän“ bezogen.Gemeinsam aber ist beiden Religionen wiederum die Betonung der Individualität des Menschen, die mit seiner Geschöpflichkeit verbunden ist. Aus ihr ergibt sich naturgemäß auch am Ende die Verantwortung vor Gott insbesondere mit Blick auf das Jüngste Gericht.Menschsein, Individualität und Verantwortung stehen in beiden Religionen in unterschiedlichen religiösen und weltlichen Kontexten; denn der Islam kennt die Erbsünde nicht, die das menschliche Dasein nicht zuletzt unter dem Aspekt der Erlösung bestimmt. Im Christentum ist der Mensch der Erlösung bedürftig, ohne sie kann er des Heils nicht teilhaftig werden. Die Erlösung aber ist Ausfluss der Gnade Gottes, die der Mensch nicht zu beeinflussen vermag. Im Extrem findet sich diese Lehre in der Auffassung Luthers, dass die Werke nichts, die Gnade aber alles sei.
Der Mensch kann das Heil nicht aus sich heraus erlangen – was immer er tun mag. Er gibt sich auf Gedeih und Verderb der Gnade Gottes hin. Christus als Gottessohn ist „Erlöser“, das Zeugnis einer unendlichen Gnade Gottes.
Auch im Islam wird das jüngste Gericht zum wesentlichen Ereignis zwischen dem Ende der menschlichen Existenz und der Ewigkeit. Auch im Islam ist Gott ein „Erbarmer“ – nahezu über jeder Sure – die einzige Ausnahme ist Sure 9 - sowie in vielfältigen Ritualen des täglichen Lebens bekundet. Dies aber nicht im Sinne der „Gnade“ – schon gar nicht im Sinne Luthers; vielmehr wird Buch geführt über die guten und schlechten Taten des Menschen. Auf diese Weise ist der Mensch selbst in hohem Maße verantwortlich für das Urteil im Jüngsten Gericht. So heißt es in Sure 80, 37: „An jenem Tag ist (nämlich) ein jeder von ihnen (d.h. von den Menschen, die zum Gericht kommen) vollauf mit (s)einer eigenen) Angelegenheit beschäftigt...,“. Die Werke, die er auf Erden geleistet hat, werden ihm dann vor Augen geführt (Sure 99,6: „An jenem Tag werden die Menschen (voneinander) getrennt (oder: in verschiedenartige Gruppen aufgeteilt ?) hervorkommen, damit ihre (während des Erdenlebens vollbrachten) Werke ihnen (im einzelnen) gezeigt werden (können).“ Was der Mensch zu tun und zu lassen hat, hat Gott ihm nicht zuletzt über die Offenbarungen zwischen Abraham (Ibrahim) über Moses (Musa) bis zu Jesus (‘Isa) in der Erneuerung der ersten Offenbarung, die Gott an Ibrahim vermittelt hat, mitgeteilt. Jesus wird zu einem der Propheten, die immer wieder von Gott ausgeschickt wurden, um den Menschen die reine Botschaft zu bringen. Der Tod dieses Propheten am Kreuze, für einen Muslim unannehmbar, wird im Koran umgedeutet zum Irrtum im Evangelium; am Kreuz stirbt ein anderer.
In der Verantwortung vor dem Jüngsten Gericht liegt die Individualität des Menschen begründet. Es ist dies aber nicht in erster Linie eine Verantwortung im Sinne eines abstrakten Gewissens, sondern eine Verantwortung vor Gott im Lichte des geoffenbarten Wortes. Ihm bleibt er als „Stellvertreter“ unterworfen und auf ihn bleibt er über das göttliche Wort, den Koran, bezogen. Die menschliche Individualität führt nicht zur Verabsolutierung des einzelnen und seines Ego. Der autonome Mensch, wie er sich insbesondere in der Neuzeit in Europa entwickelt hat und der sich nach einem verinnerlichten Sittengesetz verhält, ist für einen gläubigen Muslim schwer nachvollziehbar. Daß daraus auch Schwierigkeiten mit Blick auf die „Souveränität“ des Menschen erwachsen, war schon angedeutet worden. Gott steht immer über ihm als Individuum; seine Individualität gewinnt er in der Verantwortung vor Gott, d.h. im Vollzug des in der Offenbarung mitgeteilten göttlichen Willens. Gott ist der „Souverän“, der stets über ihm steht.
Dieses Verständnis von Verantwortung steht der Auffassung von Freiheit entgegen, wie sie sich in Europa ausgeprägt hat. Der sich verabsolutierende und frei-setzende, mit unverrückbaren Menschenrechten ausgestattete Mensch, dessen Freiheit lediglich an der Freiheit des anderen seine Grenzen hat, hat in der islamischen Religion keinen Platz gefunden. Nirgendwo erkennen wir eine Andeutung der faustischen Dimensionen der Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung. Der moralische Imperativ Kants, nach dem der Mensch so handeln solle, dass die Maxime seines Handelns Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung sein könne, macht in islamischer Dimension wenig Sinn. Der Mensch ist insofern frei, als er durch Gott und dessen Wort sowie durch die Belange der Gemeinschaft Gottes in die Pflicht genommen wird, aus seiner freien Willensentscheidung heraus diese wahrnimmt und akzeptiert. An diesem Punkt prägen sich zwei, das Handeln von Christen und Muslimen in der Gesellschaft bestimmende Wesenselemente aus:
a) eine nachhaltige Bestätigung des Glaubens des Muslims im Handeln. Es kommt auf das richtige Tun, die richtigen Rituale, das richtige Sprechen und Raten an. Das Glaubensbekenntnis besteht in einem einzigen klaren Satz: „Ich bekenne, dass es keinen Gott gibt außer Gott und dass Muhammad sein Prophet ist“. Um den Menschen zum Muslim zu machen, bedarf es einer Reihe von im Grunde geringfügigen und gemäß menschlichen Möglichkeiten durchzuführenden Handlungen, die in den sogenannten „fünf Säulen“ (Glaubensbekenntnis, Gebet, Pilgerfahrt, Ramadan, Armensteuer) auf den Punkt gebracht sind. Nicht unzutreffend hat man im Islam ein starkes Moment der „Orthopraxie“ gesehen.
b) Demgegenüber stehen im Christentum der Glaube als fixierter theologischer Inhalt sowie das richtige Glaubens“bekenntnis" im Vordergrund. Es ist ein komplexes und kompliziertes System von Aussagen dogmatisch-theologischer Natur. An die Stelle des Verstandes und der Vernunft (im Islam: der eine Gott und der Prophet Muhammad) treten im Christentum theologische Inhalte, die der Vernunft kaum zugänglich und weithin dem Glauben vorbehalten sind. An die Stelle der „fünf Säulen“ tritt ein Katechismus, der komplizierte Glaubensinhalte und –auslegungen beinhaltet, welche den Menschen zum Christen machen. Im Christentum geht es zunächst um „Orthodoxie“, den „rechten Glauben“; das richtige Handeln ist diesem nachgeordnet.
Das Individuum wird im islamischen Kontext– dies wurde bereits angedeutet – stärker aus der Gemeinschaft heraus verstanden. Es hat nicht so sehr seinen Wert durch sich selbst und in sich selbst. Es kommt nicht in jener Unbedingtheit auf den rechten Glauben an, der im Sinne Luthers „die Freiheit eines Christenmenschen determiniert.
Der Muslim steht innerhalb seiner Gemeinde im Lichte des Verses des Korans: „Ihr (Gläubigen) seid die beste Gemeinschaft, die unter den Menschen entstanden ist“ (Sure 3, 110). Der Wert des Individuums ist mit der Werthaftigkeit der Gemeinde eng verbunden. Der Muslim ist aufgerufen, an der Vervollkommnung dieser Gemeinde mitzuarbeiten, die auf der letzten aller göttlichen Verkündigungen beruht. In diese Aufgabe hat er seine Individualität einzubringen; er hat an der Aufgabe teil, den Zustand der Gemeinde zu jener Vollkommenheit zu bringen, die der Vollkommenheit des göttlichen Wortes, das in die Gemeinde hineingesprochen wurde, entspricht. Die Individualität des einzelnen Menschen erfährt in der Gemeinde ihre Sinnhaftigkeit.
Abgeleitet von dem zentralen Wert des Menschen in beiden Religionen, welcher aus der Gottgeschaffenheit resultiert, ergibt sich eine weitere grundlegende Gemeinsamkeit zwischen den beiden Weltreligionen: Sie hegen mit Blick auf den Menschen ein ähnliches Ideal von Humanität – ähnlich, doch nicht identisch. Nachdrücklich betont der Islam, dass alles Menschliche schutzwürdig sei: „Aus diesem Grund (d.h. aufgrund dieses Brudermords) haben wir den Kindern Israels vorgeschrieben, daß, wenn einer jemanden tötet, (und zwar) nicht (etwa zur Rache) für jemand (anderes, der von diesem getötet worden ist) oder (zur Strafe für) Unheil (das er) auf der Erde (angerichtet hat), es so sein soll, als ob er die Menschen alle getötet hätte. Und wenn einer jemanden (w. ihn) am Leben hält (w. lebendig macht), so soll es sein, als ob er die Menschen alle am Leben erhalten (w. lebendig gemacht) hätte.“
Der Mensch, wenn auch im Islam nicht Ebenbild Gottes, soll sich in seinem Leben und Verhalten so weit wie möglich an den Eigenschaften Gottes orientieren. Umgekehrt hat dieser die Welt so ausgestaltet, dass der Mensch darin nach den Regeln seines Glaubens auch leben kann. Dem Islam liegt eine rationale und pragmatische Humanitätsvorstellung zugrunde. Er wird durch seine Religion nicht überfordert. Unterschiedliche Akzentuierungen zwischen Christentum und Islam ergeben sich daraus, dass in beiden Traditionen das Humanitätsideal in besonderem Maße mit der zentralen Tugend der jeweiligen Religion assoziiert worden ist: In der vom Christentum geprägten westlichen mit der caritas, der tätigen Nächstenliebe; in dem islamischen Humanitätsideal mit der gottgewollten Gerechtigkeit, die die Lebensordnung der Gemeinde (umma) hier auf Erden bestimmen soll. Gustave E. von Grunebaum fasst diese Nuancierung auf folgende Weise zusammen: „Der Islam ist in hohem Maße human, in dem Sinne, dass er den Menschen nimmt, wie er ist. Er ist aber nicht humanistisch in dem Sinne, dass er sich um die möglichst reiche und möglichst volle Entfaltung und Entwicklung der im Menschen liegenden Möglichkeiten bekümmerte, dass ihm die Menschenformung als die erste und vornehmste Aufgabe der Kultur erschiene und der Mensch selbst als ein eigenes und gleichsam absolutes Maß.“
Das Humanitätsideal des Islams hebt also nicht primär auf das Individuum und Individualität ab. Dies liegt auch mit den Umständen begründet, unter denen diese Religion verkündet wurde: Die Gesellschaft zur Zeit der Offenbarung im Mekka des frühen siebten Jahrhunderts ließ dem Individuum wenig Raum. Sie war in Stämme, Clans und Familien gegliedert. So war die Offenbarung Muhammads auch nicht in erster Linie an den einzelnen gerichtet. Die Verkündigung der neuen Religion des einen Gottes durch den „Gesandten Gottes“ ließ die politischen, gesellschaftlichen und tribalen Zerklüftungen, die sich auch in dem Pantheon der Stämme auf der Arabischen Halbinsel niederschlugen, hinter sich. Indem sie sich dem „Gesandten Gottes“ anschlossen, nahmen sie mit dem Islam ein neues gruppenspezifisches, d.h. andere ausschließendes Merkmal und Erkennungszeichen an. Jenseits individueller Gläubigkeit war ein neuer „Stamm“, die islamische umma, entstanden. Mit der dramatischen Ausbreitung der umma unter den Nachfolgern Muhammads als „Stellvertreter“ in der Führung der Gemeinde wurden die Araber zur Minderheit; die Grenzen der umma lagen weit außerhalb des Arabertums. Der Koran aber, in arabischer Sprache offenbart, blieb die Grundlage der Zusammengehörigkeit der zahlreichen Völker, die sich in zunehmendem Maße zum Islam bekehrten. Islam – Koran – und arabische Sprache als konstituierende Elemente der umma, einer „Gemeinschaft der Gläubigen“, blieben grundlegend für das Selbstverständnis des Muslims gleich welcher ethnischer Zugehörigkeit. Die Bezeugung, zu dieser umma zu gehören, wurde in dem Glaubensbekenntnis in arabischer Sprache zum Ausdruck gebracht. In der Tat handelt es sich nicht um mehr als nur ein „Zeugnis“ – beginnt es doch auch mit dem: „ich bezeuge“. Das Glaubensbekenntnis, das den Muslim als Mitglied der umma bezeugt, hat also einen anderen Charakter als das christliche Credo. Der Gläubige hatte nicht so sehr den Propheten als moralisch-sittliche Instanz oder als theologischen Wegweiser zum Vorbild - in dem Sinne wie im Christentum Christus das Vorbild im sittlich-idealen Sinne ist. Lag doch dem Leben der Christen der Gedanke des Ideals der Nachfolge Jesu zugrunde – mithin also die individuelle Vervollkommnung des Menschen. Die Zugehörigkeit zur umma wurde vielmehr im Laufe der Geschichte über das Glaubensbekenntnis hinaus in einer immer wachsenden Zahl von Einzelvorschriften des islamischen Gesetzes, der Shari‘a, fixiert. Seine Befolgung manifestierte die Einordnung des Einzelnen in die Gemeinde Gottes als eine ihn übergreifenden Gemeinschaft. In ihr und aus ihr heraus gewann und gewinnt der Muslim seine Identität. Dieses Konzept steht der „Freiheit eines Christenmenschen“ entgegen, der wesentlich individuell vor Gott steht und sich seiner Gnade ausliefert. In islamischen Koordinaten hat das Gebot Christi: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist“ keine Bedeutung. Die Befolgung der Regeln als Grundlage der Zugehörigkeit zur Gemeinde als eines real existierenden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Corpus geht im sunnitischen Hauptstrom individuellen Begegnungen des Menschen mit Gott voran.
Vorstehende Ausführungen lassen bei Gemeinsamkeiten in der Grundeinstellung hinsichtlich der Würde des Menschen tiefgreifende Unterschiede im Verhältnis von religiösem und politischem Raum erkennen. Der Islam hat keine Kirche neben dem Gemeinwesen gegründet. Ein Nebeneinander von sacerdotium und imperium, wie es systematisch von Augustinus (354-430) konstituiert wurde, hat sich im Islam als grundlegender Tatbestand der Beziehung von Religion und Gesellschaft nicht herausgebildet. So konnte denn im christlich-abendländischen Bereich spätestens mit der Renaissance der Mensch in neue säkulare Räume außerhalb der religiösen Determinanten treten. Der Mensch maßte sich schließlich die volle Freiheit der Selbstbestimmung außerhalb der Religion, ja gegen diese an. Religion verengte sich zur Glaubenssache. Das sich selbst findende Individuum aber knüpfte an das Menschenbild der Antike an. Demgegenüber verlief die Entwicklung im Islam anders. Das Ideal, gleichsam der Spitzenwert in der islamischen Wertehierarchie, wurde nicht die Freiheit. Der umma als einer gottgeleiteten Gemeinschaft verhaftet, sah der Muslim in der sozialen Gerechtigkeit innerhalb seiner auf dem vollkommenen Gotteswort beruhenden Gemeinde den höchsten Wert. Wurde sie – wie in zahllosen Fällen in der Geschichte – verletzt, flüchtete er sich in die Sehnsucht nach dem Mahdi, der gottgesandt die Erde mit Gerechtigkeit erfüllen würde. Wird im christlichen Kontext die Freiheit nicht zuletzt auch als spontane Verfügungsgewalt bzw. Kreativität verstanden, so deutet der Muslim sie anders. Verfügungsgewalt und Kreativität sind für ihn eine der Prärogativen Gottes. Dem Menschen ist Freiheit nur im Rahmen von Wahlfreiheit innerhalb eines durch die Gemeinde, das Wort Gottes und das Gesetz abgesteckten Rahmens gegeben. Freiheit besteht für ihn darin, zwischen gut und böse zu wählen, Rahmenwerte, die das Gesetz bzw. die Moral ihm setzen. Ihnen gegenüber steht er in der Freiheit des „Islams“, d.h. des sich Unterwerfens. Diese Freiheit wird nicht zuletzt auch im Gebetsritual zum Ausdruck gebracht.
So waren Muslime in ihrer geschichtlichen Erfahrung in einer ambivalenten, ja widersprüchlichen Situation. Auf der einen Seite war ihnen die Gerechtigkeit – auch als Attribut Gottes – ein hohes Ideal der menschlichen und gesellschaftlichen Existenz. Auf der anderen Seite hat die Deutung der Freiheit als Unterwerfung unter das Gesetz die Entwicklung eines Widerstandsrechts verhindert, das sich in Europa sehr früh auszuprägen begann. Zwar konnten Muslime durchaus moralische Kritik üben und sich dabei auf den Koran berufen. Die Überwachung aber von Gut und Böse, mithin die Ausübung von Gerechtigkeit, wurde im Staat und in den Organen der real existierenden Ordnung integriert, die für sich ja in Anspruch nahmen, durch das göttliche Gesetz geleitet zu sein. Der Herrscher erhob den Anspruch, Stellvertreter Gottes auf Erden und bemüht zu sein, „das Rechte zu gebieten und das Unrechte zu verbieten“. Staat und Herrscher behielten sich diesbezüglich das Machtmonopol vor. Aus dem Recht zum Widerstand und vor dem Hintergrund des Freiheitsverständnisses gingen in Europa das Parlament bzw. seine Vorgänger hervor - eine Entwicklung, die sich in dieser Weise in der islamischen Welt nicht vollzog bzw. vollziehen konnte.
Mit Blick auf zentrale politische Wertvorstellungen, wie sie sich in Europa in Form von Demokratie und Menschenrechten entwickelten, konnte mithin „Gleichheit“ nur die Gleichheit der Menschen bzw. der Gläubigen vor Gott sein. Die Gleichheit als égalité auf skeptisch-aufklärerischer Basis trat nicht ins Blickfeld. In islamischer Dimension blieb Gleichheit auf der Grundlage einer geoffenbarten Religion. Im Europa der Aufklärung trat ein säkular legitimiertes Ideal weltbürgerlicher Menschenfreundlichkeit in den Vordergrund. Für diese Form der Humanität wurde die Religion bedeutungslos, ja hinderlich. Als Ausdruck davon sei Lessings „Nathan“ zitiert: „Sind Christ und Jude eher Christ und Jude als Mensch? Ah! Wenn ich einen mir in Euch gefunden hätte, dem es genügt, ein Mensch zu heißen!“
In islamischen Parametern waren gegen ein derartiges Menschenbild Barrieren eingebaut, die die Übernahme des bürgerlichen Gleichheits- und Toleranzideals erschwerten und die naturgemäß erst recht in der modernen Massengesellschaft zum Problem werden.
So tut sich an dieser Stelle ein Widerspruch zwischen dem letztlich konfessionell gebundenen Staatsverständnis des Islams und der Entwicklung des Verhältnisses von Religion und Gesellschaft im Abendland auf. Ausgehend von der Dualität von sacerdotium und imperium konnte der Investiturstreit ausbrechen: Die beiden Sphären traten auseinander und rangen um die Über- und Unterordnung im Verhältnis zueinander. Die Renaissance, die die Emanzipation des Individuums, der Gesellschaft und des gesamten Bereichs des „Politischen“ brachte, war das Ergebnis. In der Zwei-Reiche-Lehre der Reformatoren fand es seinen Niederschlag: Einer strikten Scheidung von geistlicher und weltlicher Gewalt. Der Zweck des modernen Staates wurde in der Folge allein die diesseitige Friedens-, Freiheits- und Wohlfahrtssicherung. Die Sorge für das Seelenheil seiner Bürger schied aus dem Kreis legitimer Staatsaufgaben aus. Der Staat wurde zu einer weltlich-neutralen Ordnung über den und jenseits der Konfessionen. Er sollte auf dem Prinzip der Säkularität beruhen: Dies bedeutete Offenheit auch für das Christliche in Kirche und Gesellschaft, freilich mit gleicher Entfaltungsmöglichkeit für andere Religionen und Weltanschauungen. Reizvoll wäre an dieser Stelle ein Vergleich zwischen der französischen und der iranischen Revolution. In beiden Fällen handelte es sich um Revolutionen von unten. Bei der einen ging es um die Erklärung der Menschenrechte: liberté, égalité, fraternité; bei der anderen um die Errichtung einer egalitären Ordnung im Zeichen des Islams, in der alle Probleme und Krisen gelöst sein würden: „Der Islam ist die Lösung“.
Die Bedeutung der Menschenrechte
Das vorstehend allgemein Ausgeführte soll, wie angekündigt, im politisch-gesellschaftlichen Raum überprüft werden. Wird die Gestaltung der Beziehungen zwischen den islamisch und christlich geprägten Räumen, der „islamischen Welt“ und „dem Westen“, auf der Grundlage gemeinsam geteilter Werte erfolgen – trotz der deutlich gemachten Unterschiede von Menschenbild, Gesellschaftsverfassung und Bedeutung der Religion? Oder werden sich die Differenzen zur Kluft vertiefen? Diese Frage stellt sich mit besonderem Nachdruck in einer Zeit, da sich Teile der islamischen Welt wieder verstärkt auf ihre eigenen Traditionen und Ursprünge orientieren. Weite Teile des 20. Jahrhunderts waren dadurch gekennzeichnet, dass sich die Eliten der islamischen Gesellschaften dem Westen und seinen politischen Wertvorstellungen anzugleichen gesucht haben. In der Nachahmung des Westens hofften sie, nach dem Ende des Ersten Weltkrieges die Kluft zwischen ihren offenkundig unterlegenen und rückständigen Gesellschaften zu einer Moderne aufzuholen, für die der Westen, konkret: Europa, stand. Seit dem Beginn der 70er Jahre, da eine Entwicklung sichtbar wurde, die man als „Re-Islamisierung“ bezeichnete, kehrten Teile der Öffentlichkeit in der islamischen Welt je auf unterschiedliche Weise zu ihren religiösen Wurzeln zurück. Die Religion als Legitimationsfaktor gesellschaftlicher Ordnung gewann in teilweise dramatischer Weise an Bedeutung. Hinzu kommt, dass eine Migration auch aus den islamischen Ländern, insbesondere des Mittelmeerraumes nach Europa einsetzte. Waren die einwandernden Muslime zunächst geneigt, ihre Religiosität und ihre Religion nicht öffentlich sichtbar zu machen -- erwarteten doch viele, eines Tages wieder in ihre Heimat zurückzukehren - so sind sie demgegenüber seit Ende des 20. Jahrhunderts als Muslime in wachsendem Maße sichtbar geworden. Der Islam als das Verhalten von Gläubigen bestimmende Religion wurde ein sichtbarer Teil der Gesellschaften und des gesellschaftlichen Lebens in Europa. Dieser Prozess der Selbstfindung und Hinwendung zur eigenen Identität jedoch wird innerhalb der nicht-muslimischen Mehrheit in Europa mit Irritation aufgenommen. Die ungeheure Publizität, die das Schlagwort vom „Zusammenprall der Zivilisationen“ finden konnte, ist aus dieser Irritation zu erklären.
Vor diesem Hintergrund hat die Frage, in welcher Weise die von Christentum bzw. Islam geprägten geographischen Räume, Kulturen und Zivilisationen eine gemeinsame Grundlage der Koexistenz finden werden, einen hohen Stellenwert für die Zukunft der Gestaltung der internationalen Politik. Im Westen geprägte Werte beanspruchen universale Geltung; dies um so mehr, je enger die Menschen in allen Kulturen und in allen Winkeln der Welt über wirtschaftliche Interaktionen und weltweite Kommunikationsmittel zusammengebunden werden. Demokratisierung als Teilhabe der Bürger an der Gestaltung der Politik mit dem Ziel friedlichen Zusammenlebens, der Stabilität der Systeme sowie der Effizienz und Kontrollierbarkeit des wirtschaftlichen Handelns sind Koordinaten, der keine Gesellschaft und kein System, das an der globalen Interaktion teilnimmt, entrinnen kann. Demokratisierung aber beruht auf der Akzeptanz des Konzepts des mündigen Bürgers, dem als solchem gegenüber dem Staat unveräußerliche Rechte und eine unantastbare Würde zukommen. Demokratie und Menschenrechte also sind die Nagelprobe bei der Bewältigung der Herausforderungen von zukunftsfähigem Handeln und Integrierbarkeit in das internationale System. Vor diesem Hintergrund soll gefragt werden, inwieweit die Konzepte von Menschenrechten und Demokratie, die aus der islamischen Welt angeboten werden, kompatibel sind; bzw. innerhalb welcher Spielräume islamische Eliten einen Sonderweg zu gehen vermögen. Die Antwort auf diese Fragen werden auch für das unausweichliche Zusammenleben von Muslimen und Nicht-Muslimen in westlich-geprägten Gesellschaften Relevanz haben.
Die Diskussion um Menschenrechte setzte in der islamischen Welt Ende der 60er Jahre ein. Dies ist bezeichnend, fällt der Zeitraum doch zusammen mit dem Ende des „liberalen Zeitalters“ (so Albert Hourani in seinem grundlegenden Buch
und dem Beginn der „Re-Islamisierung“. Das Nachdenken über die eigenen Wurzeln vor dem Hintergrund der Krise des westorientierten Entwicklungsweges war von einer Bewegung begleitet, „universale“ Konzepte, wie sie vom Westen angeboten und in einer unter seinem Einfluß geschaffenen und dominierten internationalen Organisation (UNO) institutionalisiert worden waren, in Frage zu stellen. Hatten 1948 alle damals unabhängigen islamischen Staaten (mit Ausnahme Saudi-Arabiens) die Allgemeine Menschenrechtserklärung der UNO unterschrieben, so gab es seither zahlreiche Entwürfe „islamischer“ Menschenrechtserklärungen seitens islamischer Regierungen bzw. supranationaler islamischer Organisationen. Sie lehnten sich zwar an die allgemeine Menschenrechtserklärung an, akzeptierten mithin den Anspruch auf Universalität der Menschenrechtsidee, suchten aber zugleich eigene Konzepte im Sinne des eigentümlichen islamischen Menschen- und Gesellschaftsverständnisses zum Ausdruck zu bringen. Die saudische Regierung selbst hat mit einem solchen Entwurf aufgewartet. Die Organisation der Islamischen Konferenz hat 1979 ihrerseits einen „Entwurf der Charta der grundlegenden Rechte des Menschen im Islam“ vorgelegt. Neben anderen Entwürfen existieren eine „Universal Islamic Declaration“, London, April 1980, sowie eine „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte im Islam“ des Islam-Rat für Europa.
Im Vergleich zu dem europäisch geprägten Menschenrechtsverständnis weisen diese Entwürfe zwei grundsätzliche Defizite auf:
- die Überordnung eines göttlichen Gesetzes über die Menschenrechte; d.h. Menschenrechte werden akzeptiert und bestätigt „im Rahmen der Shari‘a“
- das Fehlen einer Aussage, dass „alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten“ geboren sind.
Die Zusammenfassung des deutsch-iranischen Menschenrechtsdialogs, der zwischen 1988 und 1994 zum Teil in Hamburg, zum Teil in Teheran geführt wurde, lässt Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen. Bemerkenswert ist, dass sich gerade Vertreter der Islamischen Republik Iran, des Landes also, das nach der Revolution am radikalsten um die Konstruktion eines eigenen islamischen Staats- und Gesellschaftswesens bemüht war, auf eine solche Diskussion eingelassen haben. Die Tatsache als solche unterstreicht, dass auch engagierte Muslime nicht daran vorbeikommen, sich mit der globalen Bedeutung des Konzepts der Menschenrechte für die internationalen und interkulturellen Beziehungen auseinanderzusetzen. Die Globalität zu akzeptieren sollte aber zugleich bedeuten, diese Konzepte in den Koordinaten der Traditionen und geistigen Grundlagen des Islams selbst festzumachen. Sind nun globale Geltung und kulturalistische Verortung ein grundsätzlicher Widerspruch? In welchem Raum und auf welcher Grundlage lassen Sie sich vereinbaren? Ist am Ende vielleicht sogar wahre Universalität der Geltung grundlegender politischer und gesellschaftlicher Werte erst dann gegeben, wenn es möglich ist, sie in unterschiedlichen Kulturen zu verorten, d. h. zu „kulturalisieren“?
Unter den iranischen Teilnehmern war eine tiefe Kluft hinsichtlich der Vereinbarkeit des Konzepts der Menschenrechte im Westen (Allgemeine Menschenrechtserklärung der UNO) und eines auf islamischen Traditionen beruhenden Konzepts unübersehbar. Einige Teilnehmer hielten einen Brückenschlag zwischen Orient und Okzident für unmöglich; andere äußerten sich vermittelnder. Ausgangspunkt war der Begriff der „Würde“. Der konservativere Standpunkt innerhalb der iranischen Gruppe betonte, daß das essentielle Kriterium für die Würde des Menschen in seiner Fähigkeit und Entschlossenheit liege, das göttliche Wort im Rahmen der islamischen Gemeinde (umma) manifest zu machen. Gott als der Ursprung aller Macht habe den Menschen damit beauftragt, sich eine politische Ordnung zu geben. Diese solle nach koranischer Weisung auf der wechselseitigen Beratung der shura basieren und somit „demokratisch“ gestaltet sein. In der religiösen Verankerung der Demokratie wurden entscheidende Vorzüge gesehen: Als göttliches Mandat sei sie unverfügbar. An ihr teilzunehmen, sei im islamischen Kontext nicht nur ein Recht, sondern vorrangig die Pflicht der Menschen. Im Westen hingegen, so lautete der Vorwurf, gehe der Anspruch der Demokratie in Zufall und Beliebigkeit verloren.
Andere äußerten sich vermittelnder. Mit Blick auf die Würde des Menschen heißt es, daß alle Menschen Kinder Adams seien und die Menschheit somit eine große Familie bilde. Allen Menschen komme eine besondere Würde zu, die sie über die sonstige Schöpfung erhebe. Denn sie seien „Statthalter Gottes auf Erden“, wie der Koran verkünde. Sie seien dazu berufen, Gott zu suchen und sich um das ewige Leben zu bemühen. Sie alle dürften auf die Barmherzigkeit Gottes hoffen.
War hier schon ein wichtiger Schritt getan, so wurden gleichwohl Vorbehalte geäußert, die einem uneingeschränkten Respekt der Würde noch entgegenstanden: Denn trotz der ursprünglichen Einheit der Menschen seien rechtliche Unterschiede legitim und notwendig - die Würde des Menschen sei nur potentiell bei allen Menschen gleich. Sie könne in unterschiedlichen Graden verwirklicht werden oder auch ganz verloren gehen. Deshalb sollten Muslime und Nicht-Muslime einen verschiedenen Rechtsstatus haben. Letztlich also waren auch für Vertreter dieses Standpunkts Menschenrechte als universale Gleichheitsrechte letztlich undenkbar.
Auch bei der Definition der Freiheit des Menschen schienen beide Seiten anfangs Welten auseinander. Die deutschen Teilnehmer griffen in ihre Definition auf Kant zurück: Die Freiheit des Einzelnen sei ein elementares Menschenrecht; sie habe nur dort ihre Grenzen, wo die Freiheit des anderen Menschen verletzt sei. Dies war für den traditionalistischen Flügel der iranischen Delegation unannehmbar. Die Freiheit des Menschen solle ihre Grenze nicht nur an der gleichen Freiheit des anderen finden, sondern auch an der unantastbaren Wahrheit der göttlichen Offenbarung. Der Mensch müsse auch vor Irrtum und Laster bewahrt werden. Denn wahre Freiheit sei nur im Gehorsam gegen die göttlichen Gebote möglich.
Den Durchbruch in der Diskussion brachte der gedankliche Schritt, das Verhältnis des Menschen zu Gott als eine Ich-Du-Beziehung zu charakterisieren: In dieser Beziehung respektiere Gott die Freiheit des Menschen; er wolle keinen sklavischen Gehorsam, sondern freiwillige Hingabe. Es bestehe jedoch stets die Gefahr, daß das Ich-Du-Verhältnis zu einem Ich-Es-Verhältnis verkomme. Menschliche Institutionen, die sich als Verwalter der Wahrheit zwischen Gott und Menschen stellten, machten aus der Transzendenz, die doch über alle Attribute erhaben sei, einen festumrissenen Gegenstand. Der unendliche Gott werde verendlicht, ja verdinglicht. Damit werde zugleich die gottgewollte Freiheit des Menschen zerstört: Der Mensch gerate in Abhängigkeit von den angeblich heilsvermittelnden Institutionen, die im Namen Gottes ihren eigenen Herrschaftsanspruch durchsetzen wollten.
Dem wurde die kritische Aufgabe der Theologie gegenübergestellt: als die immer wieder notwendige „Reinigung“ der menschlichen Gottesvorstellungen, und zwar gleichermaßen um der Wahrung der Transzendenz Gottes und um der Wahrung des Menschen willen. Menschenrechte müßten von jeder theokratischen Vereinnahmung freigehalten werden. Eine Konkurrenz von „Gottesrechten“ und „Menschenrechten“ – wie konservative Muslime sie vielfach behaupteten, um die Menschenrechte schon im Ansatz zu relativieren - könne es prinzipiell nicht geben. Denn Gott, der Allmächtige, habe es nicht nötig, daß Menschen seine „Rechte“ schützten. Übersetzt in die Sprachweise der Rechtswissenschaft ergaben sich daraus nach intensiven Diskussionen umfassende menschenrechtliche Folgerungen, die in weitgehendem Einklang mit wesentlichen Inhalten des internationalen Menschenrechtskatalogs stehen: Kein Mensch darf von irgendjemandem zum Glauben an Gott oder eine bestimmte Religion gezwungen werden. Niemand und keine Autorität hat das Recht, willkürlich politische Macht über andere auszuüben; der Mensch hat vor dem Gesetz und vor dem Gericht das Recht, jeder Rechtsverletzung gegenüber geschützt zu werden; andere Zivilisationen, Kulturen und Gesellschaften müssen anerkannt werden.
Die sich anfangs auftuende Dichotomie von Menschenrechten und Gottesrechten war überwindbar geworden. Jetzt sollte legitim sein, dass die Ordnung des Rechts in dem Sinn säkular sein würde, daß sie sich nach den rationalen Bedürfnissen des Menschen an seinem jeweiligen Ort und in seiner jeweiligen Zeit richten würde. Im Staate institutionalisierte religiöse Imperative würden der Verwirklichung der Menschenrechte entgegenstehen. Der Antagonismus zwischen Säkularität und Gottesherrschaft war zurückgetreten: Säkularität wurde akzeptiert, denn sie mache ja zugleich Transzendenz deutlich und möglich und verhindere, dass Gott beständig in die Politik hineingezogen würde, mithin religionspolitischen Zwecken instrumentalisierbar wäre; die Gottesherrschaft andererseits werde die Voraussetzung dafür, dass der Mensch sich seiner Grenzen und Bedingtheiten bewusst bleibe und sich nicht selbst verabsolutiere. Am Ende fanden sich iranische Gesprächsteilnehmer – naturgemäß mit unterschiedlichem Nachdruck - zur Anerkennung der Universalität der Menschenrechtscharta der UNO bereit. Der Prozess, aus dem islamischen Kontext zu ihr zu gelangen, wurde als die „größte Herausforderung an das islamische Denken“ bezeichnet.
In einer bemerkenswerten Rede des Ständigen Vertreters Irans bei der UNO-Menschenrechtskommission in Genf, Kyros Naseri, aus Anlass der Eröffnung von deren 49. Jahresversammlung (1993) wurden das muslimische Anliegen nach eigenen Inputs in die Menschenrechtsdiskussion, aber zugleich auch das Bekenntnis zur Universalität der Menschenrechte auf den Punkt gebracht. Naseri begann mit einer grundsätzlichen Anerkennung der Universalität der Menschenrechte und der UNO-Menschenrechtserklärung. Er fügte dann die Bitte um Nachbesserung hinzu, um verschiedenen historischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Realitäten Rechnung zu tragen, die sich seit ihrer Verabschiedung herausgebildet hätten. Damals seien die Länder außerhalb des westlichen Kulturkreises nicht einflussreich genug gewesen; und er fährt fort: „Es gibt zwei Optionen: Die eine ist, die Angelegenheit zu schließen und die Unveränderbarkeit zu erklären im Lichte der breiten Akzeptanz. Die andere ist, die Sache mit offenem Verstand und Herzen noch einmal vorzunehmen und Möglichkeiten weiterer Universalisierung durch konstruktives Engagement und durch Wiedereröffnung eines Dialogs zu suchen, wobei zugleich die wesentlichen Feststellungen, die in den Verträgen enthalten sind, bewahrt werden sollen“. Wahre Objektivität sei Einsicht in die eigene Subjektivität. So fügt er die Forderung der Entpolitisierung (Abkehr von doppelten Standards) durch guten Willen, positive Einstellung und konstruktives Herangehen, gepaart mit Innovation und Imagination hinzu. Und er schließt: „Mit aller Erfahrung, schlecht und gut, dieses Jahrhunderts, und nach allem Wandel, durch den die Welt gegangen ist, sollte die universale Verwirklichung der Menschenrechte nicht länger eine Fata Morgana bleiben.“
Das Verhältnis zur Demokratie
In dem gleichen Kontext, in dem islamische (und islamistische) Intellektuelle begannen, die Menschenrechte im Rahmen des Islams zu konzeptualisieren, setzte auch eine Diskussion über die Verortung von Demokratie im islamischen politischen Denken ein. Ausgangspunkt war auch hier die Anerkennung von „Demokratie“ als einer im Prinzip universalen Organisationsform politischen Lebens. Zunächst standen Demokratiekonzepte, die aus dem islamischen Kontext heraus entwickelt wurden, im Zusammenhang mit der Diskussion um die „islamische Ordnung“ (nizam islami). Man braucht sich dabei nicht lange aufzuhalten, um dies als Sackgasse zu erkennen. Zahllose Bücher wurden damit gefüllt, dass die parlamentarische Demokratie im Islam in der Forderung nach Beratung (shura) ihre Entsprechung habe und dass auch der Islam die Gleichheit der Bürger als Voraussetzung demokratischer Abstimmung beinhalte.
Zu Tage trat aber ipso facto, dass zwischen Parteien und Wahlen als Instrumenten und Strategien der demokratischen Willensbildung und dem islamischen Gesetz (shari‘a) ein Spannungsverhältnis besteht: Im Vordergrund steht nicht der Bürger als Kernelement der Demokratie; vielmehr „gewährt“ der Staat demokratische Teilhabe im Sinne der Beratung (shura). Wie es unterschiedliche „islamische“ Entwürfe zu den Menschenrechten gibt, finden sich auch Entwürfe zu „islamischen“ Verfassungen. Sie weisen durchweg ähnliche Züge auf: Die Grundrechte sind dürftig; das bezieht sich besonders auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit, politische Rechte und den Gleichheitsgrundsatz. Problematisch sind die Bestimmungen zu politischen Parteien und Minderheitenschutz. Den Grundrechten gegenüber sind die Kompetenzen des Staates und insbesondere des Staatsoberhauptes enorm. Die schon genannte „Beratung“, das Pendant zum säkularen Parlament, verfügt nur über eingeschränkte Kompetenzen.
Wenn den Islamisten das Verdienst zukommt, die Thematik eines kulturalisierten Demokratieverständnisses überhaupt in den Raum gestellt zu haben, so bleibt die eigentliche Frage gleichwohl: Wie kann ein Demokratieprojekt entwickelt werden, in dem islamische Traditionen, insbesondere islamisches Menschen- und Gesellschaftsverständnis, mit den Grundzügen eines dem Westen entlehnten Demokratiekonzepts kompatibel sind? Es scheint, als komme man der Antwort am besten dadurch näher, dass man weniger von der Theorie als vielmehr von der politischen Praxis in islamischen Ländern zwischen Indonesien und Marokko ausgeht. Ein Blick auf die Wirklichkeit zeigt nämlich – bei aller Skepsis hinsichtlich der demokratischen Wirklichkeit in islamischen Gesellschaften – eine nicht unerhebliche Akzeptanz von Wahlen als Instrument der politischen Willensbildung und als Ausdruck von Pluralität. Drei konkrete Fragen stellen sich an das Verhältnis von Islam und Demokratie vor dem Hintergrund dieses Tatbestandes:
- Steht der Islam einem demokratischen System fundamental entgegen? Die Antwort darauf ist: offensichtlich nicht; zumindest formal gibt es zu viele Beispiele für die Implementierung demokratischer Prozeduren in islamisch geprägten Ländern.
- Gibt es ein funktionierendes Gegenbeispiel zu westlicher liberaler, auf der Säkularität beruhenden Demokratie in der islamischen Welt? Hier ist die Antwort zumindest ambivalent. In den Blick tritt naturgemäß die Islamische Republik Iran. Daß diese freilich ein „funktionierendes Gegenbeispiel“ wäre, lässt sich bei Licht besehen nicht feststellen. Noch ist jene ein System, das alle Züge einer islamischen Theokratie in Verbindung mit einigen prozeduralen demokratischen Mechanismen trägt. Spätestens seit den Präsidentschaftswahlen vom Mai 1997 aber hat sich das System auf einen Wandlungsprozess eingelassen, dessen Ende und Ergebnis noch nicht abzusehen sind. Der (schiitisch) islamisch-rechtliche Rahmen, der dem System von Ayatollah Khomeini gesetzt wurde, bleibt noch intakt; aber innerhalb des Systems gewinnen durch starken Druck von unten Kräfte an Boden, die sich in Richtung auf eine westlich-liberale Demokratie zu öffnen entschlossen sind. Die Parlamentswahlen vom Februar 2000, in denen die „Reformkräfte“, die politische Liberalisierung an die Spitze ihrer politischen Agenda gesetzt haben, gewonnen haben, scheinen anzudeuten, dass die khomeinistische Dimension in der Grundlegung des Systems zunehmend an Boden verliert. Immerhin haben die damaligen siegreichen „Reformer“ betont, dass sie nicht beabsichtigten, die Verfassung grundlegend zu verändern und den islamischen Charakter des Systems auszuhöhlen. Der Stand seiner Akzeptanz als ganzem durch die Bevölkerung, seine weithin gegebene Isolierung in der Welt sowie das Versagen wirtschaftlicher Reformen lassen erkennen, dass das Experiment der Islamischen Republik nicht überzeugend erfolgreich gewesen ist.
- Sind islamische Kräfte, also Parteien mit explizit islamischem Programm, zu demokratischen Prozessen fähig? Hier ist eine – wenn auch nicht uneingeschränkte – Zustimmung zu signalisieren. Das Beispiel der Türkei, in der seit Ende der 60er Jahre islamistische Organisationen Teil des Parteiensystems waren, wäre zu allererst zu nennen. Immerhin haben sie sich, seit sie in das politische System eintraten, willig und in der Lage gezeigt, im Rahmen des demokratischen Systems zu agieren. Im Parlament sowie in der kurzen Phase, in der sie Regierungspartei und ihr Parteivorsitzender, Necmettin Erbakan, Ministerpräsident war (1996/7), ist sie Teil eines demokratischen Systems und seiner checks and balances gewesen. Andere islamische Parteien und ihr Verhalten etwa in Bangladesh, Jordanien, Jemen, Indonesien und Malaysia – jeweils unter teilweise sehr unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen – könnten genannt werden. Die liberal-islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung, die im November 2002 eine überwältigende Mehrheit durch den türkischen Wähler erhielt, sucht einen modernen Islam und Modernisierung (Demokratisierung) zu verbinden. Den seither durchgeführten Reformschritten ist es zu verdanken, dass die Türkei im Oktober 2005 beginnen wird, Verhandlungen über eine Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union zu führen. Auch anderswo haben islamische Parteien im Rahmen – wenn auch eingeschränkter – demokratischer Systeme systemkonform agiert. In Algerien deutet sich an, dass sich die radikale Ablehnung des demokratischen Systems durch den Front Islamique du Salut (FIS) zugunsten einer Politik wandelt, die darauf gerichtet ist, so viel Islam in ein System einzubringen, wie es dieses gerade noch zulässt. In Ägypten versuchen die Muslimbrüder seit längerem, eine politische Partei zu gründen, die das System im Prinzip akzeptiert.
Am Ende muss eine definitive Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis von Islam, Tradition und Demokratie wohl noch offen bleiben. Immerhin aber kann an zahlreichen Beispielen festgemacht werden, dass es keinen grundlegenden Widerspruch gibt, der die Entwicklungen demokratischer Prozesse definitiv behindern würde. Ein islamistisches Experiment, wie es in Iran stattgefunden hat, bleibt ein Unikum; und man kann nicht auf eine festgeprägte Tradition der Entwicklung politischer Systeme in der Geschichte der islamischen Welt verweisen. In unterschiedlichem Kontext haben sich islamistische Parteien in verschiedenen islamischen Staaten den jeweils bestehenden konkreten Gegebenheiten angepasst. Dazu gehören die geschichtlichen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte – und diese sind in der Türkei z. B. anders als in Algerien - und die konkrete politische Ausgangssituation in ihren mannigfachen Varianten sowie die konkret gegebene wirtschaftliche und die damit zusammenhängende gesellschaftliche Gesamtsituation. Auch auf die Chancen einer Demokratie im entstehenden Palästina, die sich nach dem Tod des PLO-Führers Yasir Arafat am 11. November 2004 eher verbessert zu haben scheinen, könnte verwiesen werden. Auch die Frage nach der Demokratie im Irak bleibt trotz der mit den Wahlen vom Januar 2005 erzielten formalen Fortschritte offen.
Die Frage nach der Demokratie in der islamischen Welt richtet sich im erweiterten Sinn auf die Auseinandersetzung mit der Moderne. Der Islamismus, der immerhin das Problem der Demokratie im islamischen Kontext problematisiert hat, macht Demokratie nach westlichem Verständnis unmöglich. Wohin aber wandelt sich der Islam – wie weit werden am Ende säkulare Freiräume akzeptiert? Iran könnte auf diesem Wege sein; das islamische System offenbart Handlungsspielräume, in denen politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Interessen, die sich auf die Regierung und Gestaltung des Gemeinwesens beziehen, artikuliert werden können. Daneben hat eine Diskussion über die „Zivilgesellschaft“ eingesetzt, in deren Mittelpunkt die Frage nach der Rolle des Islams und seiner Demokratiefähigkeit steht. In der Wirklichkeit der Islamischen Republik hat der Islam der Entfaltung der Menschen- und bürgerlichen Rechte enge Grenzen gesetzt. Demgegenüber ist signifikant zu sehen, dass einige muslimische Denker den Islam auch als ein konstitutives Element der Zivilgesellschaft sehen, indem er eine wirksame Kraft im Kampf gegen staatliche Omnipotenz darstellen und Freiräume für die Gestaltung eines demokratischen Gemeinwesens schaffen könnte. Islam und Staat - so ihre Ansicht - dürften auf keinen Fall deckungsgleich sein, da der Islam zur Machtausübung manipulierbar werde. Wie oben bei den Menschenrechten angedeutet, wird ein neues Verhältnis von Säkularität und Transzendenz gesucht, das es gestattet, die weltlichen Angelegenheiten gemäß den Bedürfnissen der Gesellschaft in ihrer Zeit zu regeln. Unüberhörbar gibt es diesbezügliche Argumente auch in Überlegungen iranischer Theologen, unter ihnen auch Staatspräsident Muhammad Khatami.
„Dialog der Kulturen“
Die grundlegenden Aspekte vorstehender Ausführungen sowie die darauf folgend erörterten konkreten Probleme werden auf zwei Ebenen auf den Punkt gebracht: Im Inneren der europäischen Gesellschaften; und in der internationalen (interkulturellen) Politik mit Blick auf den prognostizierten „Clash of Civilizations“.
Die innere Dimension der neuen Begegnung zwischen Europa und dem Islam liegt in der Entstehung islamischer Gemeinschaften in Europa selbst. Dabei handelt es sich in mehrfacher Weise um ein neues Phänomen. Zum einen, weil die vom Islam und Christentum geprägten Kulturen und Zivilisationen – dass sie zeitweilig in Teilregionen einander beherrscht haben, widerspricht dem nicht – weithin in der Geschichte getrennt waren. Aber auch nach der vor allem durch Arbeitsmigration eingetretenen Niederlassung von Millionen von Muslimen in Europa blieben sie und ihre Religion über Jahrzehnte unsichtbar. Seit einer Reihe von Jahren aber treten sie zunehmend aus dem Dunkel und der Unsichtbarkeit in den gesellschaftlichen und politischen Raum ihrer Gastländer. Sie machen sich sichtbar; dies beginnt beim Kopftuch zahlreicher Frauen und findet seinen deutlichsten Ausdruck in dem Bau von Moscheen als Manifestation ihrer Glaubensausübung.
Vor dem Hintergrund der historischen Tatsache, dass der Islam für den christlich geprägten Europäer stets etwas Fremdes, ja das Fremde schlechthin, das Andersartige war, liegt die Herausforderung nunmehr in der Antwort auf die Frage, ob es gelingt, dieses Fremde zu etwas Eigenem zu machen. Oder bildlich gesprochen: Wie die Moschee zu einer Facette der europäischen Architektur werden lassen? Ist der Islam, sind die Lebensweisen der Muslime hierzulande, die bei vielen immer nachdrücklicher durch ihre Religion geprägt werden, vereinbar mit den Grundlagen der europäischen Gesellschaften und ihren Verfasstheiten? Wird der Islam, der sich in der islamischen Welt selbst so nachdrücklich in Politik und Gesellschaft einzubringen dabei ist, seinen Platz in der säkularen Verfasstheit europäischer Ordnungen finden?
Ein Lernprozess scheint beiden Seiten vorgezeichnet: Der nicht-muslimischen Mehrheit Europas in der Weise, dass sie zu einer aktiven Toleranz und Kommunikation gegenüber den Angehörigen der anderen Religion und der mit ihr verbundenen Kultur finden muss. Ohne Zweifel gebietet die durch das Grundgesetz in Deutschland garantierte Religionsfreiheit, die Ausübung anderer Religionen gewähren zu lassen. Wo aber hat das Gebot seine Grenzen? Wo würden die Grundlagen der europäischen Gesellschaften, die in der christlich-abendländischen Tradition ihre Wurzeln haben, so „verbogen“, dass daraus Spannungen und Konflikte entstünden? Auf der anderen Seite hat der Muslim einen Anspruch, seinen Glauben zu praktizieren und sichtbar zu machen zu können. Wie weit aber kann er in seinen Ansprüchen gehen, ohne die Identität der nicht-muslimischen Mehrheit herauszufordern? Um es bildlich auszudrücken: Der Bau einer Moschee ist selbstverständlicher Teil des Gebotes der Religionsfreiheit – doch: Wie groß soll sie sein (im Vergleich etwa zur benachbarten christlichen Kirche)? Wie hoch das Minarett? Wie steht es mit dem Gebetsruf des Muezzin? Wieder geht es hier um die Grenze. Dabei geht es nicht um Ausgrenzung und Trennung; sondern um die Bestimmung von Identität und Selbst als der Voraussetzung gedeihlichen und partnerschaftlichen Zusammenlebens.
Damit tritt die zweite Dimension, die der internationalen (bzw. interkulturellen) Beziehungen, ins Blickfeld. Nach der weltweiten Dominanz europäischer Kultur und Zivilisation und einer – wenn auch kurzen – Phase fundamentalistischer Reaktion unter starker Hervorhebung des Trennenden müssen Harmonie und Ausgleich im internationalen System wesentlich auch auf dem Wege des interkulturellen und interreligiösen Dialogs gesichert werden. Der Weg zu einer universalen Humanität muss von der Einsicht ausgehen, dass die Welt nicht am europäischen Wesen genesen soll (und kann). Vielmehr gilt es, universale Werte als Gesprächsangebote an Menschen zu machen, die sie innerhalb der Koordinaten ihrer eigenen Tradition verorten. Und zugleich müssen diese Koordinaten akzeptiert werden, um zu weltweit gültigen Formen politischer, gesellschaftlicher und humaner Werte zu gelangen. Unübersehbar geht der Weg in die Richtung auf eine Annäherung der Wertebasis als Grundlage eines interkulturellen Dialogs. Dieser soll zugleich ein wichtiger Baustein im zu errichtenden Gebäude eines neuen, die Welt umgreifenden, auf gemeinsam geteilten Werten beruhenden politischen Gebäudes sein. Ein solcher wesentlicher Inhalt ist Toleranz –nicht im Sinne von kultureller und kulturpolitischer Beliebigkeit, sondern auf der Grundlage der Akzeptanz der kulturellen Identität der anderen Seite. Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Roman Herzog und der iranische Staatspräsident Dr. Muhammad Khatami haben in längeren Veröffentlichungen in der deutschen Presse die Perspektive eines solchen Dialogs gezeigt. Veröffentlicht wurden die Beiträge in den Tageszeitungen „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 26. September 1998, „Die Welt“ vom 7. August 1999 und – noch einmal – „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 30. April 1999.
Für Khatami erscheint das Nebeneinander der Kulturen als ein Faktum ohne Alternative. Unmissverständlich artikuliert er seinen hohen Respekt vor dem Westen und seiner Zivilisation. Mit Blick auf die Religionen unterscheidet er zwischen dem Absoluten und der Relativität „menschlicher Wahrnehmungsfähigkeit“: „Die essentielle Schwierigkeit einer Gemeinschaft von Gläubigen ist also, dass sie zwar an Wahrheiten und Wirklichkeiten glaubt, die absolut, erhaben und heilig; ihr eigenes Leben und ihr Geist jedoch relativ sind... Damit ist auch ihr Verhältnis zu jenen absoluten Wahrheiten und Wirklichkeiten relativ.“
Khatami bezeichnet es als „Katastrophe“, die Religion, „wie wir sie sehen“, zum Gesetz zu machen. Herzog geht von der Feststellung aus, dass Kulturen ein Minimum an Gemeinsamkeiten aufweisen – dies, soweit auch die Glaubenslehren divergieren mögen. Damit gelangen wir zu einem Nukleus einer universalen Zivilisation. Er betont, dass sich in letzter Zeit Stimmen zu Wort gemeldet hätten, die bemüht seien, die eigene Kultur differenziert darzustellen und die andere Kultur zu verstehen und kritisch zu würdigen. Ein ernster Dialog zeige die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede. Der Westen, gewohnt, nach Kriterien zu entscheiden, die ihm rational vorkommen, müsse sich zurücknehmen. Hierauf erwidert Khatami: „In der heutigen Zeit gibt es im Islam, im Christentum und in anderen Religionen kaum noch jemanden, der glaubt, die himmlischen Schriften wie der Koran oder die Bibel hätten dem Menschen auch die Natur erklärt. Vielmehr ist weithin akzeptiert worden, dass man zum Erkennen der Welt und der Natur die Vernunft und das Denken anwenden und zu einer These gelangen muss, die solange aufrechtzuerhalten ist , wie sie die Fragen beantworten und die Bedürfnisse befriedigen kann.“
Dies also - übertragen auf die in Raum und Zeit gegebenen Lebensumstände von Menschen - ist es: „Die Fragen beantworten und die Bedürfnisse befriedigen“ – vor dem Hintergrund gemeinsamer Herausforderungen mit Blick auf die Zukunft des 21. Jahrhunderts sowie auf das abgelaufene Millennium, gibt es wohl keine Alternative dazu, das Gemeinsame zu erkennen, um gemeinsam zu überleben. Da treten die Abgrenzungen, die so modisch sie wieder geworden sind, nach „christlich-abendländisch“ bzw. „islamisch“ - so wenig sie unterschätzt werden sollten – in den Hintergrund. Mit Khatamis Worten ist zusammengefasst, was vorstehende Ausführungen sagen wollten: Jenseits der Gemeinsamkeiten sollten die Unterschiede zwischen islamisch und christlich geprägter Welt, Muslimen und Christen und ihren Gesellschaften und Kulturen, nicht verwischt werden.
Im politischen Raum haben sich Annäherungsprozesse vollzogen, ohne dass schon erkennbar wäre, in welcher Form von demokratischer Ordnung sich „West“ und „Ost“ am Ende begegnen werden. In Iran haben sich nach den Hoffnungen des Jahres 2000 neue Blockaden ergeben. In den Parlamentswahlen vom 20. Februar 2004 hat in der „Islamischen Republik“ der (konservative) Islam über die Republik gesiegt. Durch den islamistischen „Wächterrat“ wurden zahlreiche reformerische Kandidaten von vornherein von der Teilnahme an den Wahlen ausgeschlossen. In Ägypten, im Libanon und weniger spektakulär auch in anderen Teilen des Nahen Ostens haben die Menschen durch Demonstrationen gezeigt, dass sie autokratische Bevormundung leid sind und demokratisch zu partizipieren wünschen. Im Irak schließlich sind die Wahlen vom Januar 2005 zu einer eindrucksvollen Bekundung des Willens der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung geworden, nach Jahrzehnten der Despotie ihre Geschichte in eigene Hände zu nehmen. Welche Form von „Demokratie“ daraus erwachsen wird, bleibt bis auf weiteres offen. Immerhin – West und Ost nähern sich an; sie können aber nicht deckungsgleich werden. Demokratie im Nahen Osten und der islamischen Welt darüber hinaus wird auf einer Synthese von einer durch den Westen geprägten Moderne und den zentralen Elementen von Kultur und Religion beruhen müssen.